Der Gastroenterologe Prof. Dr. med. Christoph Beglinger schreibt zu neuen Erkenntnissen im Diagnose- und Therapiekonzept bei Osteoporose, bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (M. Crohn, Colitis ulcerosa).
Medikamenten (sog. Biologika) bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn und Colitis ulcerosa) bleiben die Erkrankungen für Patient und Arzt eine lebenslange Herausforderung.
Prof. Beglinger mahnt, dass - für ein effizientes Diagnose- und Therapiekonzept - die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit aller Beteiligten (Magen-Darmspezialisten (Gastroenterologen, Radiologen und Chirurgen) entscheidend ist. Komplikationen könnten so besser erkannt und verhindert werden.
Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen leiden oft in späteren Jahren an Osteoporose (Knochenschwund). Schuld ist auf der einen Seite die jahrelange Behandlung mit Steroiden. Anderseits ist Osteoporose eine Folge der Entzündungsreaktionen der Krankheit sowie der verminderten Aufnahmefähigkeit von Mineralstoffen und Vitaminen im Darm, so der Experte.
Als wichtigste Ursache für entzündliche Darmkrankheiten sieht Beglinger eine genetisch beeinflusste, überschiessende und anhaltende Immunreaktion gegen die eigene Darmflora. Aber auch Umwelteinflüsse scheinen von Belang zu sein.
Bei Morbus Crohn wurde lange Zeit der Einfluss des chronischen Zigarettenrauchens unterschätzt. Neueren Erkenntnissen zur Folge ist nun aber das Rauchen ein eindeutiger Risikofaktor im Ursprung und dem Erhalt der Erkrankung, so der Experte.
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen - insbesondere der Morbus Crohn – müssen als ganzheitliche (systemische) Erkrankung betrachtet werden und nicht nur als „Darm-Erkrankung“. Für eine Therapiestrategie setzt dies demnach eine genaue Kenntnis des Organbefalls voraus.
Das hat zu therapeutischem Umdenken geführt: Patienten werden nicht mehr erst dann behandelt, wenn die Symptome unerträglich geworden sind. Sie müssen frühzeitig in ein therapeutisches Gesamtkonzept integriert werden, das sich an Ort und Ausmass des Befalls und an den Möglichkeiten des Patienten sowie des betreuenden Umfeldes orientiert.
Trotz grosser Fortschritte sind verschiedene Aspekte ungelöst. In den letzten Jahren wurde in mehreren Arbeiten dokumentiert, dass bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Knochenschwund mit Folgeerkrankung Osteoporose häufig zu verzeichnen ist.
Ungenügend untersucht hingegen ist die Zeitspanne bis zum Auftreten solcher Veränderungen. Die Veränderungen in der Knochenmasse sind sehr variabel: bei den einen Patienten zeigt sich die Osteoporose sehr ausgeprägt, bei den anderen sind nur minimale Knochenveränderungen festzustellen.
Warum ist das so? Prof. Beglinger sieht die jahrelange Steroidbehandlung zwar als Risikofaktor, aber nicht als einzigen. Verschiedene Patienten leiden unter einer ausgeprägten Osteoporose. Dies, obwohl sie sehr wenig Steroide zur Behandlung erhalten haben. Andere Patienten hingegen weisen trotz wiederholter, langdauernder Steroidbehandlungen minimalen Knochenmassenverlust auf.
Bei Patienten mit M. Crohn wurde eine verminderte Knochendichte (gemessen an Wirbelknochen-Frakturen) bei 25% der Patienten nachgewiesen; auch bei jüngeren Patienten unter 30 Jahren.
Der Experte empfiehlt regelmässige und vorbeugende Messungen der Knochendichte insbesondere in folgenden Fällen: