Die Menschen in der Europäischen Region der WHO sind nicht vor durch Vektoren übertragenen Krankheiten sicher. Anlässlich des Weltgesundheitstages am 7. April 2014 ruft die WHO alle Bürger auf, sich vor Vektorkrankheiten zu schützen.
Zwischen 1990 und 2010 sind mehr als 1,5 Mio. Menschen in der Europäischen Region infolge von Stichen bzw. Bissen von Stechmücken, Sandfliegen und Zecken erkrankt.
„Es gibt eindeutige Warnsignale für die Europäische Region, dass durch Vektoren übertragene Krankheiten sich in den kommenden Jahren verstärkt ausbreiten werden. Dieser Trend ist durch den weltweiten Reise- und Handelsverkehr, aber auch durch die zunehmende Verstädterung in Europa und die sich verändernden Wetterbedingungen bedingt“, sagt Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa. „Die Geschichte zeigt, dass es bei gezielten und entschlossenen Anstrengungen zur Verhinderung bzw. Eindämmung der Ausbreitung gelingen kann, diese Krankheiten einzudämmen oder sogar gänzlich zu beseitigen. Anderenfalls können sie zurückkommen und sich möglicherweise wieder in Europa einnisten. Es ist jetzt nicht die Zeit, die Zügel schleifen zu lassen.“
Malaria, Dengue- und Chikungunya-Fieber werden zunehmend von Reisenden, die aus Endemieländern zurückkehren, in die Europäische Region der WHO eingeschleppt.
Während viele Europäer Malaria für eine weit entfernte Krankheit halten, wurden 2013 ca. 5000 Fälle in die Europäische Region eingeschleppt. Dagegen sank die Zahl der gemeldeten Fälle mit lokaler Übertragung dramatisch: von 90 712 (1995) auf nur 37 (2013). Die eingeschleppten Fälle und die jüngsten Ausbrüche verdeutlichen das Potenzial der Malaria, sich in bisher nicht betroffenen Gebieten wieder auszubreiten, wodurch das Ziel der Europäischen Region, die Krankheit bis 2015 zu eliminieren, gefährdet wird.
Die Globalisierung, der zunehmende Handels- und Reiseverkehr, die anhaltende Verstädterung und die Veränderung von Klima- und Umweltbedingungen haben allesamt zur Einschleppung und Ansiedlung von Stechmücken der Gattung Aedes – eines Vektors für Dengue- und Chikungunya-Fieber – in der Europäischen Region der WHO geführt. In Gebieten, in denen sich diese invasiven Mückenarten neu oder wieder angesiedelt haben, besteht ein tatsächliches Risiko einer lokalen Übertragung dieser Krankheiten.
In Europa besteht nun die Gefahr eines Ausbruchs von Dengue-Fieber. 2010 wurde aus Frankreich und Kroatien erstmals eine lokale Übertragung gemeldet, und in drei weiteren Ländern der Europäischen Region wurden eingeschleppte Fälle entdeckt. 2012 kam es auf der portugiesischen Inselgruppe Madeira zu einem ersten Ausbruch von Dengue-Fieber mit über 2000 Fällen. 2007 waren Stechmücken in Italien für den ersten Ausbruch von Chikungunya-Fieber in Europa (knapp 200 Fälle) verantwortlich.
Die Surveillance und Bekämpfung von Vektoren und die frühzeitige Entdeckung von humanen Erkrankungsfällen sind für die Verhinderung der erneuten Einschleppung und Ansiedlung von Stechmücken und die Ausbreitung der von ihnen übertragenen Krankheiten von entscheidender Bedeutung. Dieser Prozess gliedert sich in drei Hauptphasen:
Ende 2013 stimmten die Länder der Europäischen Region einem neuen, auf sieben Jahre angelegten Handlungsrahmen für die epidemiologische Überwachung und Bekämpfung invasiver Stechmückenarten und die Prävention und Bekämpfung wieder auftretender Krankheiten zu. Das WHO-Regionalbüro für Europa arbeitet zusammen mit seinen Partnern – u. a. der European Mosquito Control Association (EMCA) [Europäischer Verband zur Stechmückenbekämpfung] und dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) – darauf hin, für diese Problematik zu sensibilisieren und die Länder bei ihrer Bewältigung zu unterstützen.
„Der Handlungsappell des Regionalbüros kommt zum richtigen Zeitpunkt, wenn man sich die zunehmende Anfälligkeit der Europäischen Region vergegenwärtigt, die teilweise durch den zunehmenden Reise- und Handelsverkehr, die steigenden Temperaturen und die immer häufigeren extremen Wetterereignisse bedingt ist, die Grund zu wachsender Besorgnis in Bezug auf die öffentliche Gesundheit geben und den grenzüberschreitenden Charakter des Wiederauftretens von Vektorkrankheiten verdeutlichen“, erklärt Guénaël Rodier, Direktor der Abteilung Übertragbare Krankheiten, Gesundheitssicherheit und Umwelt beim WHO-Regionalbüro für Europa. „Der Handlungsrahmen vermittelt den zuständigen Entscheidungsträgern ein klares Bild von den bereits bestehenden wie auch neu entstehenden Gefahren, die von Stechmücken der Gattung Aedes ausgehen, und strebt eine Unterstützung der Länder bei der Ausarbeitung bzw. Aktualisierung ihrer operativen Pläne sowie bei der Abstimmung ihrer Konzepte und ihrer grenzüberschreitenden Massnahmen an.“
In dem Handlungsrahmen wird ein besonderes Gewicht auf die Einbindung des Gesundheitspersonals in die Entdeckung und Behandlung von ihnen nicht vertrauten Krankheiten gelegt, aber auch auf Massnahmen zur Ermutigung der Öffentlichkeit, über die Einschleppung neuer Stechmückenarten zu wachen, das heimische Umfeld unattraktiv für Stechmücken zu machen und sich vor Insektenstichen zu schützen.