Im Reagenzglas gezeugte Wunschkinder haben als Erwachsene möglicherweise ein erhöhtes Risiko für Herzkreislauf-Erkrankungen. Dies ist das Fazit einer Studie der Universitätsspitäler in Bern und Lausanne. Grund zur Panik besteht trotzdem nicht.
Herzspezialist Prof. Urs Scherrer und seine Forschungsgruppe am Inselspital, dem Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV) und dem Lausanner Kinderwunschzentrum CPMA untersuchten während vier Jahren 122 Kinder auf Kreislauf-Besonderheiten.
65 dieser Kinder waren durch künstliche Befruchtung im Reagenzglas (IVF) entstanden, 57 auf natürlichem Weg. Die Studie ist seit 20. März 2012 auf der Homepage der amerikanischen Fachzeitschrift „Circulation“ online und erscheint am 17. April in der gedruckten Ausgabe.
Die Forschenden untersuchten bei den Kindern die Reaktion der Arm-Arterie auf einen gefässerweiternden Reiz, die Geschwindigkeit der Pulswelle im Arm sowie die Dicke der Halsschlagader-Innenhaut. Zudem massen sie auf dem Jungfraujoch den Lungenarteriendruck. Alle diese Untersuchungen sind von aussen möglich, via Echokardiogramm und andere herzmedizinische Methoden. Die Resultate sagen etwas aus über spätere Risiken für Herzkreislauf-Erkrankungen.
Für IVF-Kinder und ihre Eltern, aber auch für Paare, die den Kinderwunsch via IVF erfüllen wollen, sind das beunruhigende Nachrichten. Studienleiter Urs Scherrer: „Es besteht kein Grund zur Panik! Betroffene sollten aber andere Herz-Kreislauf-Risikofaktoren vermeiden und möglichst gesund leben. Das heisst u.a. genügend Bewegung, viel Gemüse und Früchte à la Mittelmeer-Küche und aufs Rauchen verzichten.“
Die Kinder – allesamt gesund – wurden auf dem Jungfraujoch untersucht, weil in der Höhe die gesuchten Gefäss- und Kreislauf-Unterschiede in der Lungenzirkulation viel leichter messbar sind. Urs Scherrer: „Den Kindern hat der Ausflug mit der Jungfraubahn gefallen, und für uns war es wesentlich einfacher, den Lungenarteriendruck in Ruhe zu messen. Im Flachland hätte man die Kinder dazu auf einen Parcours jagen müssen.“
Frühere Untersuchungen von Urs Scherrers Forschungsgruppe hatten bei folgenden Jugendlichen Störungen der Gefässfunktion nachgewiesen, die Herkreislauf-Erkrankungen wahrscheinlich machen: