Die meisten Amateursportler sind nicht olympiareif. Aber sie geben beim Training Alles und wundern sich über Schmerzen, Muskelkater oder Kreislaufprobleme.
Ursache des Übertrainingszustandes ist eine für den Trainingszustand zu hohe Trainingsintensität und/oder ein zu hoher Trainingsumfang, sodass eine ausreichende Regeneration zwischen den Trainingseinheiten nicht mehr gewährleistet ist und es zunächst zu einer Leistungsstagnation und schliesslich zum Leistungsabfall ("Leistungsknick") kommt.
Oft spielen aber neben der zu hohen Trainingsanforderung auch noch zusätzliche Stressfaktoren (beruflicher oder privater Natur) eine Rolle. Das erklärt zum Teil die Tatsache, dass die "Anfälligkeit" für ein Übertrainingssyndrom individuell ist. Die Ursache dieser individuellen Disposition ist noch nicht geklärt.
Man unterscheidet ein "sympathicotones" von einem "parasympathicotonen" Übertrainingssyndrom, wobei ersteres das "klassische" Bild zeigt und zweiteres aufgrund der Vagotoniesymptomatik oft nicht gleich als Übertrainingszustand erkannt bzw. diagnostiziert wird.
Die typischen Symptome eines sympathicotonen Übertrainingssyndroms sind ein erhöhter Ruhepuls (= morgendliche Herzfrequenz unmittelbar nach dem Erwachen) und der verzögerte Rückgang der HF nach Belastung. Auch der Ruheblutdruck kann höher als sonst bzw. erhöht sein und analog zur HF kann die Normalisierung des Blutdrucks nach Belastung verzögert sein.
Neben einer verminderten Leistungsfähigkeit können folgende Symptome auftreten:
Eine mögliche Ursache des Übertrainingssyndroms könnte ein Ungleichgewicht im Aminosäurestoffwechsel sein. Diese Hypothese geht von einer Verschiebung des Gleichgewichts der Plasmakonzentration zwischen verzweigtkettigen Aminosäuren und freiem Tryptophan aus. Dies könnte zu einer erhöhten Konzentration an Tryptophan und 5-Hydroxytryptamin (besser bekannt als Serotonin) im Gehirn und in den peripheren Nervenzellen führen.
Die Ursache für dieses mögliche Aminosäuren-Ungleichgewicht könnte eine zu intensive Muskelarbeit mit erhöhtem Verbrauch an verzweigtkettigen Aminosäuren als Energiequelle sein bei gleichzeitiger Steigerung der freien Fettsäuren im Plasma durch zu umfangreiches extensives Ausdauertraining. Die Frage ist nur, ob diese Effekte, die eigentlich eher bei der akuten Ermüdungsreaktion der Muskulatur eine Rolle spielen, auch für das Übertrainingssyndrom, welches sich längerfristig entwickelt, verantwortlich gemacht werden können, oder ob das beschriebene Aminosäuren-Ungleichgewicht auch andere Reaktionen bewirken kann.
Besagtes Serotonin spielt im Zentralnervensystem (ZNS) eine komplexe Rolle, seine physiologische Funktion umfasst drei Bereiche:
Ähnliche Auswirkungen wie im ZNS haben Tryptophan und Serotonin im peripheren bzw. vegetativen (autonomen) Nervensystem. Serotonin stimuliert den Sympathikus. So könnte man sich die erhöhte Herzfrequenz beim sympathikotonen Übertrainingszustand durch eine erhöhte Serotoninkonzentration in sympathischen Nervenfasern erklären.
Weiters hemmt Serotonin die Freisetzung von Noradrenalin aus den sympathischen Nervenendigungen in Blutgefässen, wodurch es zur Gefässerweiterung und damit zu Durchblutungsveränderungen kommt, die bei einem Übertrainingssyndrom beobachtet werden können.
Die "Therapie" eines Übertrainingszustandes besteht in einer Unterbrechung des Trainingsalltags und einer Reduktion von Trainingsumfang und Trainingsintensität. Die ersten Tage sollten der allgemeinen Regeneration dienen, die mittels Regenerationstraining (30 bis maximal 45-minütiges Kreislauftraining mit einer Intensität unterhalb der trainingswirksamen "Schwelle"), welches Herz-Kreislauf und Vegetativum "beruhigt" sowie muskulären Regenerationsmassnahmen, wie Sauna, Whirlpool, Schwimmen, Massagen, Gymnastik, Stretching usw, erreicht wird.
Anschliessend kann wieder mit einem aufbauenden Ausdauertraining begonnen werden, zunächst aber ausschliesslich mit extensiven Dauereinheiten im Grundlagenausdauer 1-Bereich ("Fettstoffwechselbereich"). Je nach Schweregrad des Übertrainingssyndrom sollte nach ein- bis zwei Wochen die Wiederaufnahme eines systematischen Trainingsprozesses möglich sein.